Die SPD fordert ein verständliches Einwanderungsrecht

Lemme

Ich unterstütze den Vorstoß meiner Fraktion für ein modernes Einwanderungsgesetz. Nach Berechnungen des Landeswirtschaftsministeriums werden in Thüringen bis 2025 rund 280.000 Fachkräfte fehlen: Vor allem in Industrie, Dienstleistungen sowie im Gesundheits- und Sozialwesen. Eine gezielte Zuwanderung aus von Fachkräften aus dem Ausland ist daher absolut notwendig. Es ist höchste Zeit, zu reagieren und unser Regelwerk zu vereinfachen.

Die Union argumentiert, wir bräuchten kein Zuwanderungsgesetz, da alle Regelungen schon von unserem Rechtssystem erfasst seien. Das mag größtenteils stimmen. Aber was nutzt das, wenn kaum jemand die bestehenden Regeln versteht? Es gibt über 50 Aufenthaltstitel. Vorschriften sind über mehrere Gesetze verstreut. Beispielsweise ist die geltende „Positivliste“, die Mangelberufe auflistet, für die die sogenannte Vorrangprüfung entfällt, nicht hinreichend bekannt. Ein Einwanderungsgesetz, bei dem interessierte Zuwanderer keine Rechtsexperten sein müssen, schafft Vertrauen und Transparenz. Auch das ist Teil einer Willkommenskultur.

Jetzt gilt es im Detail auszuarbeiten, wie ein neues, verständliches Einwanderungsgesetz für Deutschland aussehen kann. Zwar ist das kanadische Modell, dass den Zuzug über Kriterien wie Alter, Berufsausbildung, und Sprachkenntnisse steuert, sicherlich ein Vorbild, birgt jedoch auch Herausforderungen: Fachkräfte werden vor allem in ländlichen Gebieten Deutschlands benötigt. Wie das Beispiel Kanada zeigt, zieht es Einwanderer aber eher in große Städte. Wenn ein Arbeitsplatz für eine Einwanderung also keine Voraussetzung mehr ist, bräuchten wir Instrumente, um die Arbeitskräfte auch dorthin zu lenken, wo sie gebraucht werden.

Mir persönlich ist bei einem neuen Einwanderungsgesetz auch wichtig, die Potentiale zu berücksichtigen und zu nutzen, die sich bereits im Land befinden. Damit meine ich neben einer besseren Qualifizierung der inländischen Bevölkerung und Hilfen für Langzeitarbeitslose auch ganz konkret Asylbewerberinnen und Asylbewerber sowie Geduldete.  Grundsätzlich dürfen die Zuwanderungs-Gruppen „Arbeitskräfte aus Drittstaaten“ und „Asylbewerber und Flüchtlinge“ nicht einfach miteinander vermischt und bei der Diskussion fälschlicherweise in eine Schublade gesteckt werden. Denn es gibt nach wie vor humanitäre und arbeitsmarktbezogene Einwanderung. Aber wir müssen es den bereits bei uns lebenden Schutzsuchenden auch ermöglichen, einfacher und schneller wieder auf eigenen Beinen zu stehen zu können: Dazu gehören unter anderem mehr Sprach- und Integrationskurse und Ausbildungsmaßnahmen.

Ich hoffe, dass unser Vormarsch eine breite gesellschaftliche Debatte über Chancen, aber auch Ängste einer modernen und offenen Einwanderungspolitik anstößt. Denn eins ist klar: Einwanderungspolitik lässt sich nur im gesellschaftlichen Konsens gestalten!