In Würde sterben

Vertrauen by berwis  / pixelio.de

Der Bundestagsabgeordnete Steffen-Claudio Lemme (SPD) möchte, dass die geschäftsmäßige Sterbehilfe verboten wird. Die Stellschraube für ein menschenwürdiges und selbstbestimmtes Lebensende sieht er in einer Stärkung der Palliativversorgung.

In der kommenden Woche wird der Bundestag über eine Neuregelung der Sterbehilfe debattieren. Ein Thema, bei dem es ethisch und moralisch um die Grundfeste des menschlichen Daseins geht. Wie stellen wir uns das Ende unseres Lebens vor? Die meisten Menschen werden vermutlich – ebenso wie ich – antworten, dass sie plötzlich und ohne Schmerzen einschlafen möchten. Und wenn das nicht der Fall ist?

Der Suizid ist ebenfalls wie die Beihilfe zum Suizid in Deutschland straffrei. Das ist grundsätzlich auch richtig. Denn die Entscheidung, beispielsweise bei einer tödlichen Krankheit mit schwerem Leiden nicht mehr leben zu wollen, sollte jeder Mensch für sich und auch im Kreise seiner Angehörigen selbst treffen können.

Solche persönlichen Einzelfälle dürfen aber nicht dazu führen, dass die Sterbehilfe zu einer „normalen“ Dienstleistung in der Gesundheitsversorgung wird. Deshalb muss die geschäftsmäßige Beihilfe, damit sind Vereine, Organisationen oder auch Einzelpersonen gemeint, die eine solche Sterbehilfe regelmäßig anbieten, strafrechtlich verboten werden.

Ich möchte nicht in einer Gesellschaft leben, in der es keinen Umgang mehr mit Leid und Krankheit gibt. Einer Gesellschaft, in der alte und/ oder kranke, womöglich sogar behinderte Menschen, nur aufgrund der Verfügbarkeit einer organisierten Beihilfe darüber nachdenken, ihrem Leben ein Ende zu setzen. In der sie sich andernfalls gar als Belastung für ihr Umfeld empfinden würden, weil ein assistiertes Ende „Normalität“ wäre. Wo bliebe da die tatsächliche Selbstbestimmung?

Aus demselben Grund sollte es auch keine gesetzliche Vorgabe für einen ärztlich assistierten Suizid geben. Ärzte sind dafür da, Leben zu erhalten. Dieser Zielsetzung verpflichten sie sich mit ihrem Ärztegelöbnis. Ich halte weder ein Totalverbot für die Beihilfe, noch eine gesetzliche Regelung für einen ärztlich assistierten Suizid für sinnvoll. Denn ich finde, die Entscheidung über Leben und Tod ist und bleibt eine persönliche Einzelfallentscheidung!

Was kann der Gesetzgeber stattdessen gegen die Unsicherheit bei diesem Thema tun? Wir brauchen einen breiten gesellschaftlichen Diskurs zum Thema würdevolle Begleitung von Schwerstkranken und Sterbenden. Wir müssen den Menschen ihre Ängste und Sorgen nehmen, indem wir die gesundheitliche, pflegerische und palliative Versorgung ausbauen. In diese Richtung zielt ein aktueller Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Hospiz- und Palliativversorgung, der derzeit in den Fachausschüssen des Parlaments beraten wird. Neben einer besseren finanziellen Förderung der Hospizarbeit im stationären Bereich und in Altenpflege-Einrichtungen sowie einem Ausbau der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV), bedarf es auch geeigneter Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit, um Ängste zu nehmen und die vielfältigen Versorgungs-, Betreuungs- und Hilfsangebote ins öffentliche Bewusstsein zu bringen. Sterben ist Teil des Lebens. Was in einer modernen Gesellschaft wie unserer möglich ist, um Schwerstkranken das Leben zu erleichtern, das muss getan werden. Dann ist überhaupt eine freie Entscheidung möglich.

(Foto von berwis  / pixelio.de)